Algen - Das neue Superfood?

Die Feiertage sind vorbei und das neue Jahr einen knappen Monat alt. Auf den Straßen blicken riesige Werbereklamen mit Angeboten für Sportkurse und Fitnessstudios auf uns nieder, es wird über gute Vorsätze gesprochen und viele von uns absolvieren wieder einen alkoholfreien Januar. Wir möchten diesen Anlass nutzen, um über ein Nahrungsmittel zu schreiben, welches als das neue Superfood vermarktet wird - ALGEN. Sie werden vermehrt als das Lebensmittel der Zukunft angepriesen, sollen kalorienarm und nährstoffreich sein. Was also ist das Besondere an Algen, und sind sie wirklich so gesund? 

In unserem Pop-Up Restaurant im Kraftwerk, das von Ende November 2019 bis Anfang Januar 2020 die Ausstellung Latent Being von Refik Anadol kulinarisch begleitet hat, haben wir uns bereits mit Algen beschäftigt. Wir haben sie in Vier-Gänge-Menüs, in Cocktails sowie in Fingerfood integriert. Nun möchten wir gerne Resümee ziehen und noch einmal schauen, was Algen so alles können, wie sie sich in der Küche einsetzen lassen und wo vielleicht auch ihre Schwachstellen liegen.

Vorweg eine kleine Warenkunde zum Thema: 
Algen sind Wasserpflanzen. Die Nährstoffe, die sie für ihr Wachstum und ihre Fortpflanzung benötigen, filtern sie aus dem Wasser, in dem sie leben. Ihrer Farbe nach werden sie in vier Hauptgruppen unterteilt: Braun-, Rot-, Grün- und Blaualgen. Des Weiteren werden sie in Makro- und Mikroalgen unterschieden. Es sind mehr als 20.000 Algen-Arten bekannt. Algen enthalten wichtige Nährstoffe wie Eiweiß, Ballaststoffe, Eisen und verschiedene Vitamine. 

Im salzigen Meerwasser lassen sich die großblättrigen Makroalgen finden. Bei uns sind die folgenden Arten bekannt: Arame, Dulse, Hijiki, Kombu, Nori und Wakame. 
Aus dem Wasser ziehen sie nicht nur wichtige Nährstoffe, sondern filtern dabei auch Schadstoffe wie die Schwermetalle Blei und Arsen, die für den menschlichen Körper schädlich sind. Des Weiteren können sie einen sehr hohen Gehalt an Jod aufweisen. Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen sollten hier besonders vorsichtig sein. 
Die essbaren Makroalgen lassen sich besonders gut in Suppen oder im Salat verwenden. Außerdem bietet der Markt ein immer größer werdendes Sortiment an Produkten mit Algen als nährstoffreiche Zutat an. Sie verfeinern Fruchtriegel, Brote und Kräcker, peppen Getränke und Brühen auf oder intensivieren Kräutermischungen. 

Die im Süßwasser lebenden Mikroalgen, die bei uns hauptsächlich zur Verwendung kommen, sind Spirulina und Chlorella. Sie werden überwiegend als Nahrungsergänzungsmittel in getrockneter Form von Pulver oder Kapseln angeboten. Besonders für Vegetarier und Veganer können sie interessant sein, da sie wichtige Nährstoffe (wie Eisen) und das Vitamin B12 (allerdings nur bei Chlorella in einer für den Menschen verwertbaren Form) enthalten. Da sie im Süßwasser heranwachsen, besteht bei ihnen auch nicht die Gefahr eines zu hohen Jodgehalts.
In Deutschland gibt es momentan nur wenige Farmen, die um die Zucht der grünen Wasserpflanzen bemüht sind. Dort wird in Kohlenstoffdioxid-Tanks die das Wasser grün färbende Chlorella gezüchtet. Sie wächst in einem aus Glasrohren bestehenden System und wird von einer Pumpe stets in Bewegung gehalten. Um die Algen zu ernten, wird das Wasser aus dem Reaktor gelassen, die Masse zentrifugiert und der so gewonnene grüne Brei getrocknet.
Seit einiger Zeit wird nach immer neuen Möglichkeiten gesucht, die stetig wachsende Zahl der Erdbewohner auch in Zukunft zu ernähren. Die Mikroalge könnte einem hier gut in die Karten spielen. Denn sie lässt sich vertikal anbauen und ist platzsparend. Sie benötigt sehr viel weniger Wasser beim Anbau als Soja und wächst bis zu 30-mal schneller als Pflanzen auf dem Land. Allerdings ist die Produktion (noch) recht teuer.

Die Alge ist ein sehr interessantes Nahrungsmittel, die viele Vorteile mit sich zu bringen scheint und uns in Zukunft sicherlich noch begleiten wird. Allerdings ist anzumerken, dass die Forschung noch nicht so weit ist, als dass der positive Effekt der Alge bereits erwiesen ist. Algen sind durchaus reich an gesundheitsförderlichen Nährstoffen. Jedoch hängt die Menge stark von der Wasserqualität und so auch dem Standort, dem Erntezeitpunkt und der Art und Weise wie sie getrocknet werden ab. Somit ist ein genauer Nährstoffgehalt nur schwer zu bestimmen. 

In unserem Pop-Up Restaurant im Kraftwerk haben wir mit beiden Algenarten gearbeitet. Des Weiteren hatten wir eine Algenfarm für Mikroalgen vor Ort, sodass sich das Treiben der grünen Partikel beobachten ließ. Mikroalgen haben keinen großen Eigengeschmack und schmecken hauptsächlich nach Meer. Wir haben sie daher vor allem benutzt, um unseren Gerichten eine besondere Nuance zu geben. So haben wir sie in Drinks gemischt oder in Desserts wie Mochi (ein japanischer Reiskuchen) verarbeitet. Makroalgen, wie die Wakame, kamen bei uns als eigenständiger Teil in Gerichten vor und komplementierten unter anderem ein Rindertafelspitz. 

Wir lassen uns von der japanischen Küche inspirieren, da hier viele traditionelle Rezepte mit Algen zu finden sind. Vor allem möchten wir aber unserer Kreativität freien Lauf lassen und versuchen, Algen mit uns gewohnten Speisen zu verbinden. So schaffen wir einen Anknüpfungspunkt und die Pflanze scheint nicht mehr ganz so unvertraut. 
Wir möchten versuchen, uns auch weiterhin mit der Alge auseinanderzusetzen und sie in unsere Gerichte zu integrieren.